Man kennt diese mickrigen Abwindröhrchen, so
dünn und kurz, daß sie sich kaum unterm Heck hervortraun, stattdessen
schamgeplagt nach unten kringeln wie eingezogene Dackelschwänzchen, als könnten
sie ihren garstigen Ausstoß lindern, wenn sie ihn abwärts lenken; rostig braun
sind sie meist, um das ganze Verschmutzungsdrama gleich noch mal an sich selbst
zur Darstellung zu bringen, nicht selten sieht man sie hängen und wackeln.
Allzu oft sind sie an den lächerlichen und aus dem letzten Loch pfeifenden
Kleinwagen jener ökologiebewegten Frauen angebracht, die mit ihrer
verächtlichen, ja destruktiven Haltung gegenüber ihren Auspuffanlagen ihre
Autofahrerei hinterher ungeschehen machen wollen... Pfui!
Dagegen steht: Das
„Power-Endrohr“. Es steht „armdick“, lang und gerade – und ist es krumm, dann krümmt es sich nach
oben! Anstatt sich peinlich unterm Auto zu verstecken, tritt es lieber gleich
doppelt, innen rot bemalt und außen metallisch spiegelnd hervor. Soll die
Körpermetapher vollends stimmen, dann auch mal aus der Mitte. Man kann sein
Rohr auch vergoldet bekommen für nur hundert Mark Aufpreis. In der
Endschalldämpferszene schätzt man den gepflegten Abwindkanal.
Weniger schätzt man
den TÜV, der für „Sportauspuffanlagen“ bloß zwei zusätzliche Dezibel an
Lautstärke toleriert. Wie aber bringt dann „das bullige Endrohr mit dem
Rallye-Sound die Gefühle auf Touren“? Laut Katalog „filtert der Soundeinsatz
die hohen Frequenzen aus dem Klangbild der Auspuffanlage. Der typisch kernige,
sonore Klang wird durch einen speziellen Dämpferendrohraufbau erzielt.“ Durch
die unzähligen Varianten des „Hochleistungs-Endrohrs“ – in poliertem Edelstahl
bis zu 1700 Mark – werden „die Abgase optimal abgeführt. Toller Sound und großes
Rohr stehen nicht im Widerspruch zur Umwelt... Auspuffblenden lassen Ihr Heck
glänzen, verdecken die Unansehnlichkeit Ihres alten Endrohres.“ Nur wer hinten
durch eine bullig fette Röhre mit vergoldetem Endloch abstinkt, kann sich
rundum restlos sauber fühlen.
Der beste Weg zu
einem vollen, satten oder auch blubbernden Sound führt durch den Tunnel und
wird mit heruntergekurbelten Scheiben zurückgelegt. Doch die „röhrenden
PS-Hirsche“, so konstatierte einst der „Stern“, werden in der dunklen Zone unterm
Auto doch ein wenig hinters Licht geführt: „Das Produktversprechen der
Rückstauminderung ist so hohl wie der Auspuff selber“. Und wahrlich, bei der
Lektüre der Sportauspuffwerbungen gewinnt man den Eindruck, die Erzeuger von
Serienwagen hätten nichts anderes im Sinn, als die Motoren an der Entfaltung
ihrer vollen Leistung zu hindern, indem sie die Endrohre unnötig verstopften:
„Durch die Staudruckminimierung werden vom Sportauspuff bessere Durchzugswerte
erreicht, die Ihnen die nötige Sicherheit bei Überholmanövern bringen“
(D&W-Katalog). Das verhält sich wohl eher umgekehrt – das Überholmanöver,
optisch wie akustisch unterstrichen vom Doppelrohr, steigert die
Selbstsicherheit des Fahrers, wobei dem Rohr „die Funktion des ausgestreckten
Mittelfingers zukommt“, was den „Stern“ zu dem Befund veranlaßt: „Je dicker das
Rohr, desto doofer der Fahrer“.
So kritisch wollen
wir hier nicht sein, halten es lieber mit Salvador Dalí, der die Ansicht
vertrat: „Es ist besser in Gesellschaft zu furzen als allein in der Ecke zu
sterben“. Für den Blubbersound aus dem Abwindrohr gilt ungeschmälert, was einst
ein Philosoph über den Furz sagte – dieser sei ein mißglückter Versuch, die
Kehrseite zum Sprechen zu bringen. Das Endrohr ist das Saxophon des
Automobilisten, eine moderne Form der Kunstfurzerei. Schließlich hatte schon
Hippokrates den Furz für „den überschüssigen Geist der Welt“ gehalten. Wer mehr
Wind um seine Existenz machen und seinen Dunstkreis erweitern will, dem bietet
die Verknüpfung von Lärm und Gestank ein willkommenes Medium, seine Ichgrenze
auszudehnen. Weil die Sitte das Furzen hemmt im Dienste geruchsfreier
Kommunikation, bedarf man metallener Zweitkörper, um aufgestauten Gefühlen
schuldlos Luft zu machen. Mittels Auspufftopf kann man Druck ablassen und den innersten
Pressionen eines verkniffenen Pneuma den Weg zu positiver Resonanz bahnen.
Es ist der Rückstau
der unartikulierten Selbstverlautung, der den Drang nach Entgrenzung weckt und
beim Fahren dem entfahrenden sinnlosen Laut seinen Sinn verleiht. Im Echo der
Furzprothese verschafft das komprimierte Innerste sich im Äußeren Geltung. Aus
diesem Grund rät Dr. Pauser zum Kauf!
(Erstveröffentlichung in DIE ZEIT, auch erschienen in meinem Buch "Dr. Pausers Autozubehör" / Hanser Verlag)